Verbitterung

Ein gutes Beispiel ist die Figur des Michael Kohlhaas.
Er pocht auf sein Recht.
Er rächt sich selbst und wird gerichtet.

Luthers Rat: Den Schaden reparieren, aber nicht mit Unrecht.
Es ist besser, Unrecht zu erleiden, als selbst Unrecht zu tun.
Ihm ist schweres Unrecht widerfahren.
Er hat versucht, Gerechtigkeit zu erlangen durch den Staat, was ihm durch ein korruptes System verwehrt wurde.
Als er so scheiterte, gründete er eine Räuberbande und setzte sich dadurch selbst ins Unrecht.
Er hat nicht die Weisheit gehabt, sich einzubremsen.

Aristoteles:
Verbittert ist der schwer zu versöhnende, der lange am Zorn festhält.
Er verschließt die Erregung in seinem Inneren
und hört erst damit auf, wenn er Vergeltung erlangt hat.

Es ist so schwer mit einem Verbitterten zusammenzuleben.

In der Psychotherapie wird von einer posttraumatischen Belastungsstörung gesprochen, wenn ein wiederkehrendes intensives Wiedererleben der Situation stattfindet.

Wichtig ist das Vermeiden traumabezogener Stimuli.
Das können Gedanken, Gefühle, Gespräche, Aktivitäten, Orte, Menschen oder Erinnerungen an die auslösende Situation sein.

Das verschlimmernde daran: Es steigert sich immer mehr und umgreift immer größere Bereiche.

Neuere Forschungen sprechen von Neopsyche und Thymopsyche.

Selbst die Hälfte aller gesunden Menschen war schon einmal verbittert.
Verbitterung ist eine zerstörerische Emotion, ärger als die Depression (diese ist durch Medikamente weitgehend heilbar).


Diagnosekriterien

4 Kernkriterien

1) Ein einmaliges schwerwiegendes negatives Lebensereignis, in deren Folge sich die psychische Störung entwickelt hat.

2) Der Patient interpretiert seinen Zustand als Konsequenz aus einem Ereignis.

3) Der Patient erlebt Ungerechtigkeit.
Er ist im Allgemeinen relativ ausgewogen. Aber bei einem bestimmten Ereignis rastet er völlig aus.

4) Er muß vorher psychisch gesund gewesen sein.



10 Zusatzsymptome

1) Der Patient nimmt sich als Opfer und hilflos wahr
und sieht sich nicht in der Lage, etwas zu verändern.

2) Er macht sich Selbstvorwürfe, das Ereignis nicht verhindert zu haben. Er kreist fruchtlos um immer dasselbe Problem.

3) Intrusive Erinnerungen. Es ist ihm wichtig, nicht zu vergessen.

4) Es ist ihm egal, wie es ihm geht.

5) Suizidgedanken.

6) Depressiv verzagt

7) Somatische Beschwerden

8) Vermeiden von Orten und Personen

9) Der Antrieb ist reduziert und er wirkt blockiert

10) Die emotionale Schwingungsfähigkeit ist nicht beeinträchtigt.

Bericht aus der Praxis:

Es kann jeden treffen, wenn wir uns zu sehr an etwas hängen,
sei es der Beruf oder andere Menschen.

Anna O. wurde ungerechtfertigt gekündigt.

Sie war total tüchtig und ging ganz in ihrem Beruf auf.

Doch dieses Ereignis hat sie total aus der Bahn geworfen.

Sie erlitt einen vollkommenen Stimmungsabbruch,

lehnt Hilfsangebote ab,

hat Rachegedanken.

Was am ärgsten für sie dabei war,

waren die begleitenden Umstände:

Die herabwürdigenden Äußerungen

und das passive Verhalten des Nachfolgers und der Mitarbeiter.

"Man wird entsogt wie ein Stück Holz"

Die Folgen sind verheerend:

Kränkung,

Verletzlichkeit,

sie kümmert sich nicht um eine neue Anstellung,

hat gar nicht die Kraft mehr dazu,

sozialer Rückzug,

sie macht sich selber kaputt.

Wie schaut die Therapie aus?

Pharmatherapie,

das löst einige Probleme, aber nicht alle.

Eine Psychotherapie wäre dringend nötig,

sonst vergräbt sie sich nur in sich selber.

Kognitive Verhaltenstherapie - Weisheitstherapie

Weise ist,

wer weiß, daß es verschiedene Seiten gibt,

wer über Selbstdistanz und Empathie verfügt,

sich selbst akzeptiert, Humor hat, sich selbst nicht zu wichtig nimmt.

Wann sind Menschen verletzlich?

Jeder ist verletzlich, hat eine Achillesferse. Aber verschieden stark.
Die Grundannahmen machen uns auch verwundbar
(Was wir als selbstverständlich voraussetzen).
Wem z.B. seine Arbeit alles ist, dem macht eine Kündigung total fertig.
Wo das Lebensgefüge nicht in Ordnung ist,
wo es eine Pronunzierung in einer Richtung gibt, ist es gefährlich.

Freud spricht von der narzisstischen Kränkung:
Die Diskrepanz zwischen idealisiertem Selbstbild und der Realität.
(Narzissmus ist die libidöse Besetzung des Ich).
Bei einem übertriebenen Selbstwertgefühl spüren die anderen, daß etwas nicht paßt.

Weitere Symptome dafür:

Überempfindlichkeit gegen Kritik,
Ausnützen der anderen,
er fühlt sich nur von bestimmten Menschen verstanden.
Die anderen können nur etwas falsch sagen
oder sie müßen schönfärberisch lügen.

Illustriert in dem Bild einer Katze die sich als Löwe sieht.
Er muß aggressiv sein.
Er erreicht zwar nicht, daß er ein Löwe ist,
er erreicht nur, daß die anderen ihn so sehen.


Die Griechen kannte folgende Typen von Menschen:
- Den steifen Griesgram
- Der Possenreisser (er hat Angst vor der Tiefe)
- Der Ernst-Heitere (der beides beherrscht)

Eine Studie aus Israel besagt, daß Religiöse weniger an Traumata leiden.

Unversöhnlichkeit hat etwas Bitteres.

Es ist zu unterscheiden zwischen der Entscheidung zu vergeben und der Vergebung selbst.
Je mehr man seine eigene Fehlerhaftigkeit sieht,
desto einfacher ist es, dem andern zu verzeihen.

Buchtipp: Martin Seligmann: Warum Optimisten länger leben.
Darin werden 6 Stärken und Tugenden aufgezählt,
im Besonderen Weisheit, Mut, Liebe und Humanität.

Oft werden die Therapeuten von den Patienten in die Irre geführt.
Deshalb sollte gefragt werden:
Welche Punkte haben Sie schon bearbeitet?
Welche Punkte sind noch offen?

Hilfreich ist es, einen Brief an die Ungerechtigkeit zu schreiben.


Was sind wesentliche Merkmale?

- Rigidität
- Verletzlichkeit
+ Loslassen und Verzeihen als Ausweg
- Sachlichkeit versus Ichhaftigkeit
- Relativieren: Es gibt Gutes und Schlechtes, das ich tue und das auch die anderen tun.

Bei einem schweren Trauma fragen sich die Menschen oft: Warum hat Gott das zugelassen?
Aber Gott ist da, auch wenn er scheinbar nicht da ist.

Eine große Hilfe ist es, die Psalmen zu lesen.
Darin kommt alles vor: Verletzung, Verbitterung, aber auch Versöhnung.
Die Beter durchleben alles, gehen aber hindurch zur Erlösung.


Welche positiven Affekte hat die Verletzung?

Es ist nicht schlimm hinzufallen.
Geh weiter! Laß dir helfen!
In allem etwas Positives sehen, eine Chance zum Neuanfang.

Gut wenn jemand Schuldgefühle hat.
Er ist noch nicht abgestumpft.
Er spürt seine Verantwortung.

Progression und Regression verläuft parallel.

Manchmal gilt es nur auszuhalten, wir sollten nicht zu schnell positiv reagieren.

Warum verstecken sich so viele Menschen hinter einer Maske?
Wie können wir sie entmaskieren?
Am besten durch Geschichten.
Kurz und bündig mit einer Botschaft dahinter.

Drei Fragen stellen:
Wie finden Sie diese Geschichte?
Welche Assoziationen haben Sie dazu?
Wie möchten Sie sie auf ihre Alltagssituation anwenden?

Beispiel: Eine Geschichte über die Verbitterung in 5 verschiedenen Stufen.


1) Ich falle in ein tiefes Loch – ich bin verloren – es ist nicht meine Schuld.
Es dauert lange, bis ich herauskomme.

2) Ich falle in ein tiefes Loch – ich bin verloren – ich tue so, als sehe ich es nicht.

3) Ich falle in ein tiefes Loch – ich sehe es – ich falle wieder hinein aus Gewohnheit.

4) Ich falle in ein tiefes Loch – ich weiß, wo ich bin – es ist meine eigene Schuld – ich komme sofort heraus.

5) Ich gehe eine andere Straße und falle deswegen auch nicht in ein dieses Loch.

Das Drama der täglichen kleinen Verletzungen.
Der Patient kann gut mitmachen,
wenn die Verletzungen heruntergebrochen werden auf die kleinen Dinge.
Wandlungsbereitschaft ist gefragt.


Jeder Mensch reagiert auf bestimmte Dinge anders je nach Kultur und Erziehung.

Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht.

Wofür braucht mich schon die Welt? – Du wirst gebraucht!
Mit dem Patienten das Leiden aushalten.
Am schwersten ist es, zu schweigen.
Oft geschieht es aus Angst, daß wir Masken aufsetzen.
Laße ich mich noch berühren als Therapeut?

Zielerweiterung herbeiführen, statt nur Konfliktbefreiung.
Was haben Sie vor?

Die Betroffenen sind oft eingeschränkt.
Gibt es eine notwendige Vermeidung, um die Wunde nicht dauernd aufzureissen?
Flucht ist die erste Möglichkeit im Kampf.
Nur wenn die nicht gelingt, muß ich mich der Sitauation stellen.
Aber im allgemeinen ist Vermeidung ein Symptom und Teil des Krankheitsbildes.


Oft steckt etwas ganz anderes hinter den Reaktionen die nach außen dringen.
Vermeidung ist ein Problem, wenn die Angst immer größer wird,
kann aber auch die Angst perpetuieren.
Wir tragen oft deshalb Masken, weil wir Angst haben, verletzt zu werden.

Gibt es Opfersein oder eine Opferhaltung?
Das muß nicht sein.
Das Gefangensein in einer passiven Opferrolle ist ziemlich zentral.

Vermeidung ist ein Problem, wenn es mich am Leben hindert.
Man verliert die Berührbarkeit.
Die Kooperation mit einem Seelsorger ist sehr hilfreich.